Mit dem neuen EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft wird die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsaspekten in Ausschreibungen für öffentliche Auftraggeber verpflichtend. Barton Finn gibt einen Einblick in den Aktionsplan und stellt einige Tipps zur Vorbereitung vor.

In Europa haben sich die Abläufe im öffentlichen Auftragswesen seit der Einführung der EU-Vergaberichtlinien 2014 nicht wirklich weiterentwickelt. Mit dem neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft, den die Kommission kürzlich vorgestellt hat, wird sich das nun ändern. Mit dem Ziel, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen, werden darin bedeutende Veränderungen skizziert, die sich in vielerlei Hinsicht auf das öffentliche Auftragswesen auswirken werden.

Im Wesentlichen verweist der Plan auf das derzeitige Versagen bei der effektiven Nutzung der jährlichen öffentlichen Ausgaben in Höhe von 14 Milliarden zur Förderung nachhaltiger Konsum- und Produktionsmodelle. Um dies zu ändern, sollen in der gesamten Europäischen Union verbindliche Mindestkriterien für eine umweltfreundliche öffentliche Beschaffung, Zielvorgaben und Berichtspflichten eingeführt werden.

Wie werden europäische öffentliche Auftraggeber betroffen sein und was können sie tun, um sich auf diese Entwicklungen vorzubereiten? Hier sind ein paar wichtige Erkenntnisse:

1. Verbindliche Kriterien für ein umweltfreundliches öffentliches Beschaffungswesen und Berichterstattung

Die vorgeschlagenen neuen Maßnahmen stellen eine dramatische Veränderung gegenüber den bisher entwickelten freiwilligen Ansätzen dar: Die EU erkennt nun an, dass die Nachfrage die Verfügbarkeit nachhaltigerer Produkte auf dem Markt bestimmt - und nicht das Gegenteil. Infolgedessen werden die europäischen Beschaffungsstellen bald gesetzlich verpflichtet sein, in ihren Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen umweltfreundliche Aspekte zu berücksichtigen. Zu lernen, wie das geht, und sich das entsprechende Fachwissen anzueignen, wird für die meisten von ihnen zweifellos eine große Herausforderung sein, vor allem wenn man bedenkt, dass 60 % der öffentlichen Aufträge im Jahr 2018 nur auf der Grundlage des niedrigsten Preises vergeben wurden1.

2. Stärkere Verantwortlichkeit der Beschaffer für die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft

Die Einführung konkreter politischer Ziele ist ebenfalls wichtig, da diese die führende und vorbildliche Rolle, die öffentliche Organisationen für den Rest der Gesellschaft haben sollten, klar formalisieren. Ihr Hauptvorteil wird darin bestehen, dass sie tatsächliche Zahlen liefern, anstatt sich nur auf unbestimmte politische Ziele zu verlassen. Quantifizierte Zielvorgaben werden es uns in der Tat ermöglichen, den Beitrag der umweltfreundlichen Beschaffung zu den EU- und nationalen Klimaneutralitätszielen genau zu berechnen und zu integrieren. Letztendlich werden sie die Beschaffer auch in die Pflicht nehmen, die Ziele zu erreichen.

3. Neudefinition des öffentlichen Auftragswesens

Langfristig dürften diese neuen Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten wichtige Veränderungen im öffentlichen Beschaffungsprozess bewirken. Sie werden sich wahrscheinlich auf jeden seiner Schritte auswirken: von der Art und Weise, wie öffentliche Auftraggeber zunächst ihre Bedürfnisse definieren, um sicherzustellen, dass diese nun auch die Nachhaltigkeit einschließen, bis hin zu der Art und Weise, wie sie über die Nachhaltigkeitsaspekte ihrer Vergabeentscheidungen kommunizieren - zum Beispiel im Rahmen ihrer organisatorischen Berichterstattung.

Insgesamt können wir zuversichtlich sein, dass diese neuen Maßnahmen die notwendigen Veränderungen anregen werden, um ein umweltfreundliches öffentliches Beschaffungswesen Wirklichkeit werden zu lassen. Ihr Erfolg hängt jedoch in hohem Maße davon ab, wie ehrgeizig die Ziele und verbindlichen Kriterien sind, die noch festgelegt werden müssen: Sie müssen die Branche wirklich herausfordern, um wirksam zu sein.

Ein weiterer Aspekt, der in dem Plan der Kommission nicht berücksichtigt zu werden scheint, ist die Frage, wie die Einhaltung der festgelegten Anforderungen sichergestellt werden soll. Eine unabhängige und kontinuierliche Überwachung der Einhaltung ist in der Tat von zentraler Bedeutung, wenn man nicht will, dass die Kriterien bedeutungslos werden. Es ist auch enttäuschend, dass soziale Erwägungen immer noch nicht in diese Bemühungen einbezogen werden.

In jedem Fall steht nun fest, dass die öffentlichen Beschaffungsorganisationen und ihre Beschaffungsstellen sich schnell anpassen müssen, um bereit zu sein, wenn diese neuen Verpflichtungen in etwa einem Jahr in Kraft treten. Hier sind einige Empfehlungen, wie sie sich am besten vorbereiten können:

  • Informieren Sie Ihre Organisation und sichern Sie sich deren Unterstützung: Informieren Sie die wichtigsten internen Stakeholder über die bevorstehenden Änderungen und machen Sie ihnen klar, was diese für sie bedeuten. Bemühen Sie sich um ihre Unterstützung, bevor die gewünschten Entwicklungen umgesetzt werden.
  • Legen Sie Ihre Strategie und die damit verbundenen Ziele so bald wie möglich fest: Beginnen Sie bereits jetzt damit, Ihre Einkaufsstrategie mit messbaren Nachhaltigkeitszielen zu aktualisieren. Stellen Sie sicher, dass diese Strategie Teil der umfassenderen Pläne Ihrer Organisation zur Nachhaltigkeit ist.
  • Beziehen Sie Ihre Zulieferer frühzeitig ein: Erklären Sie Ihren Zulieferern die neuen Änderungen und wie sich diese auf ihr öffentliches Geschäftsumfeld auswirken werden. Erörtern Sie Ihre Absichten, die künftige Verfügbarkeit der von Ihnen gewünschten umweltfreundlichen Produkte oder Dienstleistungen zu gewährleisten.
  • Lernen Sie, Ihre Fortschritte zu messen und darüber zu kommunizieren: Es gibt viele Instrumente und verschiedene Möglichkeiten, Fortschritte und Erfolge im Bereich Nachhaltigkeit zu messen. Finden Sie heraus, welche für Sie und Ihre Organisation am relevantesten sind, und machen Sie sich mit ihrer Verwendung in Ihren Kommunikationsaktivitäten vertraut.

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